Schule

Schule ist für alle Jugendliche ein großes Thema, weil es eben so viel Platz in unserem Leben einnimmt. Besonders wichtig ist Schule für einen Austauschschüler (*räuspre* Ich). Hier werden Freundschaften geknüpft und dein Sozialleben ausgebaut.

Norwegische Schule unterscheidet sich nicht sooo viel von deutscher Schule, dennoch gibt es die ein oder andere Sache, die hier anders ablaufen als in Deutschland. Die größte Umstellung hatte ich in Bezug zu Lehrern. Für Norweger ist Gleichberechtigung und "sich-auf-Augenhöhe-sein" ziemlich wichtig, deshalb werden Lehrer von ihren Schülern hier geduzt, weil sie ganz normale Menschen sind, wie du und ich eben. Es ist normal "Du?! Kannst du mal hier her kommen? Ich muss dich etwas fragen." zu seinem Lehrer zu sagen und es wird auch nicht als frech oder unhöfflich empfunden, sondern einfach als normal. Ich habe ziemlich lange gebraucht, um diese Gegebenheit zu übernehmen, aber jetzt denke ich, dass ich wohl eine Zeit lang brauchen werde, um mich wieder an die deutschen Gegebenheiten zu gewöhnen. Norweger sind in diesem Punkt einfach  so viel gelassener. Ein weiterer Punkt der sich zu deutscher Schule unterscheidet, ist, dass sich Schüler hier über eine 6 freuen können und mit einer 3 eher unzufrieden sind. Das Notensystem wurde hier, für unsere Augen, umgedreht. 6 ist die beste und 1 die schlechteste Note  und ein Punktesystem, wie bei uns in der Oberstufe, gibt es hier nicht. Hier kann ich stolz drauf sein ein 5-6er Schüler zu sein.

Das Schuljahr neigt sich dem Ende zu, d.h. das alle Lehrer ihre Noten brauchen.Das ist in Norwegen nicht anders als in Deutschland. Im Vergleich zu Deutschland jedoch, passiert das hier (zum Glück) aber nicht alles in einer Woche, in der man das Gefühl hat, dass alle Lehrer einen Plan geschmiedet haben, um uns Schülern das Leben zur Hölle zu machen. Die Organisation von Arbeiten und Prüfung gelingt, meiner Meinung nach, deutlich besser als zu Hause. Ich glaube dazu kommt aber auch, dass wir hier entweder Ganztags- oder Halbtagsprüfungen haben. Heute hatte ich zum Beispiel eine Ganztagsprüfung in Mathe, bei der ich 3 Stunden für den ersten Teil hatte (ohne Hilfsmittel) und 2 Stunden  mit allen Hilfsmitteln (d.h. Taschenrechner, Buch, Geogebra, eigene Aufzeichnungen,...). Außerdem hatte ich in diesem ganzen Schuljahr nicht eine einzige HÜ, was viel Schulstress wegnimmt. Dafür hatte ich aber unzählige "Innleveringer" (Einlieferungen?! Mir fällt das deutsche Wort dafür grad nicht ein...). Generell arbeitet man an einer norwegischen Schule sehr viel mehr mit Computern und dem Internet. Jeder Schüler bekommt Anfang des Jahres einen eigenen Schul-PC, den wir auch jeden Tag benutzen und an dem auch Arbeiten in Englisch oder Norwegisch geschrieben werden.

Etwas das mich aber bis jetzt am meisten verwirrt hat, ist die Art und Weise, wie die Prüfungen am Ende des Jahres organisiert werden. Am logistischsten ist es im dritten Jahr, dem Abschlussjahr auf der weiterführenden Schule (der "videregående skole"). Hier müssen die "Russ" (Abiturienten) in allen ihren Fächern Prüfungen schreiben, mit denen sie die Schule beenden; also ziemlich ähnlich zu Deutschland, auch wenn es hier bei ein paar Dinge gibt, die nicht ganz Sinn ergeben. Aber hierzu später mehr. Im zweiten Jahr, also der zwölften Klasse, müssen die Schüler Prüfungen schreiben, aber nicht in allen ihren Fächer. Dazu kommt noch, dass sie in manchen Fächern mündliche Prüfungen haben, aber halt auch nicht in allen. Am Seltsamsten ist es jedoch in der ersten Klasse, also die in der ich bin. Hier wird gelost, wer eine Prüfung schreiben muss und es wird gelost, in welchem Fach du sie schreiben muss. Du kannst auch in einer mündlichen Prüfung aufgezogen werden, aber es ist basically zufällig, ob du an den Prüfungen teilnehmen musst oder nicht. Ich glaube es sind 30% der Schüler im ersten Jahr, die aufgezogen werden und die restlichen 70% müssen gar nichts machen. Ich bin ja der Meinung Alle oder Keiner, aber naja... so ist das hier oben im Norden wohl einfach.

Abschließend noch kurz zu den oben genannten "Russ". Ende April/Anfang Mai beginnt die "Russetida" und alle Drittklässler morphieren zu "Russ". Das bedeutet, dass sie nur noch in ihren roten "Russebuksen" oder "Russedressen" zur Schule gehen (NUR NOCH in dieser Hose. Die wird in den meisten Fällen nämlich nicht gewaschen sonder drei Wochen straight jeden Tag getragen) (Wen es interessiert, sollte mal nach "Russebukse" und "Russedress" oder generell "Russetida" googeln.) Zusätzlich zu der teueren Hose, geben die Meisten "Russ" auch noch viel Geld für Pullover, Jacken, T-Shirts, "Russekarten", "Russemützen" und Busse aus. Ja richtig gehört: Busse. Viele Russ formieren Gruppen und kaufen sich einen Neun-Sitzer, den sie dann mit Bildern von ihnen bekleben und mit dem sie während der Russetida durch die Stadt fahren. Das ist aber hier in Alta, im Gegensatz zu Oslo, noch ziemlich harmlos. Dort kaufen manche Russegruppen ganze Reisebusse, die sie dann im Mai befahren und im nächsten Jahr an die neuen Russ weiterverkaufen.  Das was aber wirklich keinen Sinn ergibt, ist das Russ ihren Abschluss feiern, bevor sie ihren Abschluss haben. Während der Russetida wird viel gefeiert und viel getrunken, vor allem an den Wochenenden, aber teilweise auch unter der Woche und das bevor sie ihrer Abschlussprüfungen geschrieben haben. Das führt dazu, dass immer welche durchfallen, weil sie mehr Zeit mit Party machen verbracht haben, als mit lernen. Naja, wenigsten konnten sie dann aber gut feiern. Während der Russetida scheint es mir, dass sich Regeln, Normen und Gesetzte für die Russ stark biegen lassen. Russ bemalen andere Schüler mit Filzstiften im Gesicht, fahren mit lauter Musik mitten in der Nacht stundenlang die Straßen hoch und runter und alle nehmen es einfach hin, weil das nun mal ihre "Russetida" ist. Beinahe alle Erwachsenen hatten ihre Russetida und alle jüngeren wissen, dass sie auch einmal so durch die Straßen laufen werden. Alle verstehen, warum sie sich so benehmen, wie sie es machen. Es ist einfach Tradition und ein Teil Norwegens.